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Neue Fahrradkultur in Magdeburg

Lastenesel mit Perspektive

Von Doreen Richter

Lastenradfahrer gehören im Stadtfelder Verkehrsalltag noch zur Minderheit. Doch es gibt sie, und ihre Nutzer sind überzeugt von ihren Packeseln mit zwei Rädern. Da die Bikes ganz nebenbei auch zum Klimaschutz beitragen, wird deren Anschaffung für gewerbliche Zwecke seit kurzem vom Umweltministerium gefördert. Das könnte für Unentschlossene interessant sein.

Die Post tut es, Uno Pizza tut es, Gert Fiedler tut es auch. Für viele seiner täglichen Lieferfahrten durch den Kiez schwingt sich der Chef der Adler-Apotheke auf sein Lastenfahrrad. „Ich glaube, wir haben das Fahrrad schon 15 Jahre im Einsatz. Abgeschaut habe ich mir das damals von der Post, ich glaube, die Austräger waren die ersten.“ Damals seien die Drahtesel alles andere als „In“ gewesen und gar nicht so einfach zu kriegen. Er habe ein Lastenrad gesucht, nicht zu groß, aber mit ordentlich Tragkraft. Fündig geworden sei er bei „Fahrrad Zöffzig“ am Westring.

Schon damals hat es in Stadtfeld jede Menge Autos und wenige Parkplätze gegeben. „Für uns war das eine gute Lösung. Wir beliefern viele Arztpraxen, Patienten oder Pflegeeinrichtungen hier in Stadtfeld, einige nur ein paar hundert Meter weg. Bevor ich da mein Auto aus der Tiefgarage geholt habe und dann vor Ort wieder nach einem Parkplatz suche – da bin ich doch mit dem Rad viel schneller.“

Bewährt habe sich das Lastenrad längst, und aufgrund seiner überschaubaren Größe sei es auch gut zu handhaben. „Es braucht ein bisschen Übung und man ist nicht so beweglich, aber man gewöhnt sich daran.“ Aus diesem Grunde fahre Fiedler, so gesteht er, auch hin und wieder auf dem Fußweg. „Enge Straßen und zugeparkte Bordsteine machen uns das Manövrieren auf der Straße manchmal schwer. Man kommt auch nicht mal eben zwischen zwei dicht parkenden Autos durch, man ist halt etwas breiter.“
MB_010_Lauftext: Seither leistet der auffällige rote Blitz für den Apotheker und die Mitarbeiter beste Dienste. Ein Hingucker ist er dabei ohnehin. „Eigentlich wundere ich mich, dass es nicht schon viel mehr davon gibt.“

Einer, der ebenfalls mit seinem Lastenrad in Stadtfeld zu Hause ist, ist der Cellist Matthias Marggraff. Das Cello in der Kiepe, sieht man ihn nicht selten in sportlichem Tempo durch den Kiez cruisen. Für den Straßenmusiker, der oft an der Sternbrücke oder am Bahnhof spielt, ist sein Gefährt unersetzlicher Begleiter. Erstanden habe er es vor etwa drei Jahren gebraucht im Internet. Zuvor sei er mit einer Sackkarre unterwegs gewesen. „Ich mache alle meine Wege in der Stadt jetzt mit dem Rad“, erzählt er. Dabei müsse er manchmal ganz schön treten, denn es habe keinen Elektromotor. Zu einem Eigengewicht des Rades von rund 35 Kilogramm kämen noch einmal rund 30 Kilogramm, die Instrument plus technisches Equipment wiegen.

Die größte Gefahr im Straßenverkehr sind auch für ihn die Bordsteine. Die Achten in den Felgen und die platten Reifen, die er sich schon eingefahren habe, seien gar nicht mehr zu zählen. Dabei ist eine Panne gerade für ihn dramatisch: „Wenn ich zu einem gebuchten Auftritt muss und das Fahrrad streikt, das kann ich gar nicht gebrauchen.“

Ein Auto kommt für den Musiker trotzdem nicht in Frage. „Ich habe auch gar keinen Führerschein, da hätte ich Angst, dass ich gegen einen Baum fahre.“

Seit dem 1. März 2018 fördert das Bundesumweltministerium den Erwerb gewerblicher Schwerlasträder mit 30 Prozent und bis maximal 2500 Euro. Die Förderung ist auf gewerbliche Schwerlasträder mit E-Antrieb beschränkt, die eine Zuladungskapazität von mindestens 150 Kilogramm Gewicht und einem Kubikmeter Volumen haben. Auch elektrifizierte Lastenanhänger und Gespanne werden gefördert. Die Förderung gilt rückwirkend für Anschaffungen seit dem 29. November 2017. Auch Leasing wird gefördert. „Diese neue Förderung könnte auch für die Stadtfelder interessant sein, für jeden Handwerker, für das Büro, für Lieferdienste“, sagt Franziska Briese vom Geschäftsstraßenmanagement. Auch die zweifache Mutter ist täglich mit einem Lastenrad unterwegs. „Das ist unglaublich praktisch. Ich kann die Kinder abholen und gleichzeitig noch ein paar Einkäufe erledigen.“ Man solle es einfach mal ausprobieren, meint sie.

Apropos, ausprobieren: Als Testpiloten werden derzeit bundesweit mehrere hundert Unternehmen und Einrichtungen gesucht, die das Lastenrad als gewerbliches Transportmittel und dessen Alltagstauglichkeit in einem rund dreimonatigen Test ausprobieren möchten. Hier hilft die Homepage www.lastenradtest.de weiter.

Weitere Informationen: Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), www.bafa.de

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