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Mehr Dur als Moll und immer presto

Würde Götz Baerthold seinen Namen vertonen, so wäre es sicher mehr Dur als Moll und die Noten würden ein fließend zu spielendes Gesamtstück ergeben. So empfindet der Orchestermusiker aus der Friesenstraße sein Leben und fühlt sich in allen Belangen sehr wohl darin. Wie er zur Musik kam, was für ihn Heimat bedeutet und ob er auch nach 28 Jahren täglichem Umgang mit Musik noch Lampenfieber hat, erzählte er Steffi Pretz von „Mein Stadtfeld“.

Magdeburger Orchestermusiker Götz Baerthold

Orchestermusiker Götz Baerthold. Foto: Steffi Pretz

Wie haben Sie die Musik für sich entdeckt und zu Ihrem Beruf gemacht?
Bei uns zu Hause wurde immer musiziert. Musik gehörte einfach zum guten Ton und prägte mich. So lernte ich in der ersten Klasse, Blockflöte zu spielen. Aber das spielen wohl alle Kinder und irgendwann wollte ich ein „richtiges“ Instrument lernen. Trompete oder Klarinette waren meine Favoriten. Der Entscheidung meiner Eltern für die Klarinette fügte ich mich als Kind und so wurde das Klarinette spielen „meins“. Über die Spezialmusikschule führte mich meine musikalische Ausbildung dann zur Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ in Dresden. Dort studierte ich vier Jahre lang Musik allgemein und speziell das Instrument Klarinette. Meine Bewerbung 1990 als Orchestermusiker am Theater in Magdeburg war gleich erfolgreich und so wurde die Stadt der an Elbe, speziell Stadtfeld meine neue Heimat. Nach nunmehr 28 Jahren bin ich länger in Magdeburg, als ich in Dresden gelebt habe und empfinde den Kiez im Herzen von Magdeburg als meine Heimat. Ich hab immer rund um die Pauluskirche gewohnt, mag den Kiez, die Vernetzung der Menschen und die kurzen Wege. Wenn ich aus der Hektik der Stadt komme und mit dem Fahrrad an der Olvenstedter Straße in die Goethestraße mit den herrlichen Bäumen einbiege, dann fühle ich mich angekommen und zu Hause.

Was fasziniert Sie daran, selbst Musik zu machen und warum gesellte sich das Saxophon noch dazu?
Mit Musik kann ich alles, was mich bewegt, ohne Worte ausdrücken. Eine „Sprache“ ohne Worte, die überall und von jedem verstanden wird. Das Saxophon ist der Klarinette sehr verwandt, da es auch zu den Holzblasinstrumenten gehört, da das Blättchen am Mundstück aus Holz ist und der Ton mit Hilfe dessen erzeugt wird. Ich mag neben der klassischen Musik, die ja in meinem Beruf am Theater eine große Rolle spielt, privat gern Jazz und Rock. Jazz ist undenkbar ohne Saxophon. Da lag der Wunsch irgendwann nahe, dieses Instrument selbst spielen zu können. Also absolvierte ich neben meiner Tätigkeit als Orchestermusiker am Theater Magdeburg noch ein Musikstudium in Berlin an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ und studierte Saxophon.

Die musikalische Bandbreite der Aufführungen am Magdeburger Theater bewegt sich von Sinfoniekonzerten über Oper, Musical bis hin zum Ballett und Operette. Alles braucht auch ein Orchester, was die Schauspieler und Sänger begleitet und die Zuschauer auch ohne Darsteller erfreut, wie bei einem Sinfoniekonzert. Mögen Sie aus dieser musikalischen Bandbreite etwas besonders gern?
Nein, ich liebe genau diese Abwechslung zwischen all den genannten Genres der Musik. Jedes Einzelne hat seinen Reiz und gerade die Abwechslung ist spannend bei meiner Arbeit.

Magdeburger Orchestermusiker Götz Baerthold

Götz Baerthold und Anna Maria Schwichtenberg als Duo mit Saxophon und Harfe in der Magdeburger Nikolaikirche. Foto: Steffi Pretz

Bei einer so langjährigen Tätigkeit mit den Instrumenten in der Hand könnte man meinen, Sie brauchen gar nicht mehr zu üben und spielen die Noten einfach so vom Blatt. Wie lange dauert es, bis ein neues Stück fertig und reif für Zuhörerohren ist? Haben Sie noch Lampenfieber?
Ohne Üben geht es nicht, egal, wie lange ich schon spiele. Ich übe täglich zwischen 30 Minuten und zwei Stunden. Wenn ein neues Stück im Haus ansteht und einstudiert wird, dann übt erst mal jeder Musiker im stillen Kämmerlein und später wird alles mit dem Bühnengeschehen zusammengefügt. Dann ist es reif für die Aufführung. Ja, Lampenfieber kommt immer noch vor, man lernt aber umzugehen mit dem schönen Fieber der Bühne. Eine gewisse Grundspannung ist sogar förderlich für ein gutes Gelingen.

Die großartigen Töne kommen aus der Tiefe – Sie sitzen mit ihren Musikerkollegen im sogenannten Orchestergraben. Wie bekommen Sie die Verbindung zu dem, was auf der Bühne passiert, was Sie ja musikalisch begleiten?
Es ist eine indirekte Verbindung über den Dirigenten des Orchesters. Der steht etwas erhöht, hat seine musikalischen „Schäfchen“ im Blick und auch gleichzeitig die Darsteller und Sänger auf der Bühne. Der Dirigent ist das Bindeglied zwischen dem Orchester im Graben und den Darstellern auf der Bühne, was die Zuschauer sehen. Ohne einen Dirigenten würde es wohl sehr chaotisch zugehen.

Was wäre Plan B gewesen für Ihre berufliche Tätigkeit?
Durch mein Zuhause und mein Umfeld wurden die Weichen für einen Beruf, der mit Musik zu tun hat, sehr früh gestellt. So hab ich nie darüber nachdenken müssen, was ich geworden wäre, wenn nicht Musiker. Und das finde ich auch gut so. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich tue.

Was machen Sie, wenn Sie nicht als Orchestermusiker tätig sind?
Oh, da gibt es ganz viel! Ich treibe viel Sport, jogge gern entlang der Schrote, fahre an 365 Tagen im Jahr überzeugt mit dem Fahrrad durch ganz Magdeburg. Zum Theater und auch zum Konservatorium, wo ich seit 1995 Kinder und Erwachsene im Klarinette- und Saxophon Spielen unterrichte. Manchmal fahre ich auch bis auf den Brocken mit dem Rad. Ich gehe sehr gern in den Alpen wandern, bin im Alpenverein e.V., der mit einer Sektion auch im flachen Magdeburg vertreten ist. Da darf es dann schon mal ein Viertausender sein, wenn es losgeht. Skifahren mag ich sehr und Doppelkopf spielen. Als Orchestervorstandsvorsitzender hab ich auch noch jede Menge zu tun. Ab und an mach ich gern in den Kiezkneipen Musik. Mit dem Holzbläsertrio d’Anches spiele ich regelmäßig auf Veranstaltungen, Empfängen und Preisverleihungen. Vor allem Interpretationen der französischen Kammermusik des 20. Jahrhunderts. Seit Kurzem gibt es ein neues, spannendes Projekt gemeinsam mit Anna Maria Schwichtenberg, einer Harfenistin, bei der wir französische Musik mit Saxophon und Harfe präsentieren. Privat wechsele ich auch gern mal die Perspektive und sehe mir eine Aufführung von einem Zuschauerplatz im Theater an. Ja und als ehrenamtliches Mitglied im Gemeinderat der Pauluskirche kümmere ich mich jedes Jahr zum 1. Advent darum, dass die vier Herrnhuter Sterne an der Pauluskirche angebracht werden und sich bis Anfang Januar in die Herzen der Stadtfelder leuchten.

Das Theater schließt im Sommer für sechs Wochen. Wie „überbrücken“ Sie diese Zeit?
Für die vorstellungsfreie Zeit finde ich auch ohne Musik Beschäftigung. Ich sehe mir gern die Welt an. Südamerika, Tansania und Georgien waren die Reiseziele in den letzten Jahren, die mich alle fasziniert haben.

Das klingt nach einem sehr ausgefüllten Leben, Langeweile kommt darin wohl nicht vor?
(Lacht) Nein, Langeweile kannte ich noch nie. Ich hab immer etwas zu tun, am Ende des Tages sind immer noch Ideen übrig, was ich machen könnte oder nicht geschafft habe zu tun. Aber wenn ein Tag doch mal 26 Stunden hätte, dann würde ich die zwei zusätzlichen einfach dazu nutzen, all die Dinge, die mein Leben ausfüllen, ruhiger zu machen.

Was ist sonst noch los in Magdeburg-Stadtfeld? Mehr lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von „Mein Stadtfeld“.

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