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Weltmusik aus Magdeburg-Stadtfeld

Carsten Apel, Ulrike Baumbach, Carlos Martinez, Eberhard Saftien und Christian Luther sind die Menschen, die neben einem ganz normalen Beruf eine Leidenschaft haben, die sie alle verbindet: Musik machen unter dem mittlerweile bekannten Namen „Foyal“. Fünf Musiker, fünf Instrumente und eine gemeinsame Sprache. Die „Foyaler“ verstehen und leben Musik als Welt-Sprache. Im Interview sprach Steffi Pretz von „Mein Stadtfeld“ mit den Musikern und entlockte den Bandmitgliedern viele Orginaltöne.

Musik-Quintett Foyal

Das Magdeburger Quintett Foyal macht Weltmusik. Foto: Foyal

Von Steffi Pretz

Wie seid ihr Euch alle begegnet und habt letztendlich zueinander gefunden? Hat das damit zu tun, dass Ihr alle gleich um die Ecke wohnt?
Eberhard: Im Großen und Ganzen haben wir uns über unsere Kinder gefunden, die zum Teil in derselben Krabbel-Gruppe der Paulus-Kirche in Stadtfeld waren oder später dann gemeinsam die freie Montessori Schule besucht haben. Dort haben wir dann auf Schulfesten unsere ersten kleinen öffentlichen Auftritte gehabt und so Lust auf mehr bekommen. Dadurch und auch über die gemeinsame Liebe zur Klezmer-Musik sind wir Freunde geworden. Da wir ja fast alle in Stadtfeld auch wohnen oder teilweise gewohnt haben, war‘s auch kein Problem, uns öfter zu sehen und gemeinsam zu musizieren.

Christian: Ich bin seit ungefähr 15 Jahren bei Foyal. Der letzte, der dazustieß, der ewig Neue. Seither hat sich die Besetzung nicht mehr verändert. Eberhard, das größte Kommunikationstalent der Band, stand vor meiner Tür in der Lessingstraße Stadtfeld und fragte, ob ich vielleicht Folk machen will. Ich dachte mir, versuchen kann man es ja mal. Ich bin froh, dabei geblieben zu sein. Die Musik und die Menschen bei Foyal sind mir sehr wertvoll.

Carsten: Solange es Foyal gibt, war es auch immer die Freundschaft, welche uns verbunden hat und die uns auch oft durch die Höhen und Tiefen des Musiker-Seins getragen hat.

Ulrike: Wir sind alle mit Stadtfeld stark verbunden, da wir alle in Stadtfeld wohnen oder gewohnt haben. Ein Titel von uns heißt “Stadtfelder Lebn”, eine Mischung aus Musette Walzer und Klezmer. Stadtfeld ist Kiez, der Biomarkt auf dem Schelli ein Muß, die Frau von Eberhard hat den Laden “Purpurstern” in der Annastraße, beliebtes Cafe ist das “Herzstück” oder “Janasch´s”, bei “Ginger und Du “ kann man sich gut auf einen Gingerlikör oder Cocktail treffen, “Mrs. Hippie” ist ein Kult-Laden, in dem wir unsere ersten Auftrittsklamotten gekauft haben, und die “Macher” rund um die alte Festungsanlage des “Ravelin” sind sehr rege und kreativ. Dort haben wir im Dezember gespielt.

Steckt hinter dem Namen „Foyal“ etwas Bestimmtes?
Eberhard: Unser damaliger Mandoline-Spieler und Sänger Knut Hartmann besaß ein interessantes Buch über die Geschichte der Klezmer-Musik von Susan Bauer, worin er den Ausdruck Foyal gefunden hatte. Er wurde damals unter den Klezmorim (jiddische Musiker) benutzt als Bezeichnung für Klarinette (auch zu übersetzen wie Feuerschwert oder Degen). Das Wort Foyal gefiel uns allen sehr gut und da ich mir vor Gründung unserer Band Klarinette spielen selbst beigebracht hatte, passte es auch ganz gut zu uns.

Macht jeder von Euch allein auch für sich Musik oder gibt es Euch nur als „Paket“?
Ulrike: Wir machen auch in verschiedenen Besetzungen Musik, zu dritt, zu viert oder eben in voller Besetzung. Einige von uns haben auch andere musikalische Projekte oder Bands, das bereichert und bringt frischen Wind rein, ich selber bin als Sängerin im Opernchor im Theater Magdeburg engagiert, da ist Musik der verschiedensten Stilrichtungen und Genre (Konzert, Oper, Operette,Musical) mein täglich Brot.

Wie oft probt Ihr? Und wo?
Ulrike: Normalerweise proben wir einmal die Woche, dann meistens bei Carsten, er hat eine eigene Firma in Stadtfeld. Dort proben wir dann lustig zwischen Pumpen und technischen Geräten, manchmal auch bei mir zu Hause und ab und an auch bei Eberhard.

Wie hat sich Eure musikalische Laufbahn entwickelt?
Carsten: Unsere musikalischen “Karrieren” sind sehr verschieden. Das reicht vom instrumentalen Autodidakten bis zum studierten Musiker.

Wen wollt Ihr erreichen bzw. was im Hörer berühren?
Christian: Erreichen kann man denjenigen, der sich erreichen lassen will, der offen ist, eine bestimmte Stimmung einzufangen und manchmal auch zu spiegeln. Ich glaube, Musik macht man erst einmal für sich selbst, wenn es dann noch jemandem gefällt, ist es ein zusätzliches Geschenk. Manchmal kommt nach dem Konzert jemand und sagt: ,Ich habe so eine Lebensfreude und Unbeschwertheit verspürt.’ Das ist schön. Manchmal kullern auch die Tränen. Da geht es dem Hörer und Musiker gleich.

Habt Ihr Lieblingskulissen, wo Ihr spielt? Was ist ein gelungenes Konzert aus eurer Sicht? Was wünschen sich Musiker von ihren Zuhörern?
Christian: Die schönsten Konzerte finden oft im Kleinen statt. Bei Wohnzimmerkonzerten etwa, wo man dem Publikum ganz nah sein kann. Ohne viel Technik, möglichst akustisch. Ungefiltert. Es ist ein Austausch und fühlt sich so an, als würden wir alle zu einer riesigen Bigband. Keiner kann sich verstecken – weder die Musiker, noch das Publikum. Mit festen Mustern kommt man dann nicht weit. Der Verlauf des Abends wird unvorhersehbar. Das ist gut so. Es gibt da aber auch einen schönen Spruch für die Situation, wenn das Publikum 50 Meter entfernt, in Stuhlreihen sitzend, gelangweilt an der verkohlten Bratwurst mümmelt: Guten Appetit! Aber Leute denkt daran, nicht nur ihr seht uns, wir sehen auch Euch! Dit is keen Fernseher.

Carsten: …aber, eine große Bühne, mit ordentlicher tontechnischer Betreuung und tollem Sound kann auch großes Glück verursachen.

Welche CDs habt Ihr schon gemacht?
Christian: Es gibt fünf CD-Veröffentlichungen. Von „Foyal Klezmer“ bis zur Single „Haleluye“ – Leonard Cohens Halleluja in Jiddisch. Auf Basis der letzten Aufnahme ist auch ein schönes Video entstanden. Den Film und die CDs kann man sich auf unserer Webseite unter www.foyal.de anschauen.

Ihr seid aktuell im Opernhaus im Musical „Anatevka“ zu sehen. Wie seid Ihr dazu gekommen? Welchen Herausforderungen müsst Ihr euch stellen?
Ulrike: Wir waren als Band schon ab und zu im Theater präsent, zum Beispiel hatten wir auch im Schauspielhaus ein Konzert. Daher kennt man uns und weiß auch, was wir so machen. Die Idee mit „Anatevka“ hatten dann unsere Intendantin Karen Stone zusammen mit dem Regisseur des Stückes, Erik Petersen. Wir waren alle sofort von der Idee begeistert. Die Herausforderungen sind natürlich groß. Wir sind als “Dorfkapelle” sowohl darstellerisch auf der Bühne wie auch musikalisch gefordert. Müssen uns an genaue musikalische Abläufe halten, zum Teil spielen wir mit dem Orchester synchron, das ist auch ganz neu für uns. Außerdem müssen wir uns an genaue kompositorische Vorgaben halten, da bleibt wenig Raum für eigene Interpretation oder musikalische Gestaltung. Es ist eine Herausforderung, die uns allen riesig Spaß macht und wir hoffen natürlich, dass sich das auch auf das Publikum überträgt.

Carsten: Neben der Musik sind wir im Stück auch Darsteller und die Herausforderung neben dem Instrument auch noch kleine Szenen mitzuspielen, ist spannend. Die zahlreichen Proben mit dem Ensemble des Theaters machen viel Freude und wir fühlen uns trotz der anstrengenden Arbeit sehr wohl dabei.

Was bedeutet Musik Euch persönlich?
Eberhard: Musik ist für mich ein Lebenselixier, Balsam für die Seele und die Möglichkeit, seine Gefühle auszudrücken, gerade die Folk- und Klezmer-Musik bietet dafür viel Spielraum.

Ulrike: Musik ist für mich auch ein Kraftort. Ich weiß, dass wir unser Publikum erreichen können. Sich musikalisch auszudrücken ist das Schönste, Emotionen zu übertragen und das Publikum mitzunehmen, ein Geschenk. Unsere Energie überträgt sich und kommt um ein Vielfaches stärker zu uns zurück.

Christian: Musik ist ein Zuhause und ein entfernter Ort, ist flüchtig und doch unmittelbar. Musik verbindet, nach innen und nach außen. Eine schöne Möglichkeit, sich auszudrücken.

Carsten: Musik ist Energie, die ständig neu erzeugt werden muss, die flüchtig ist und bestenfalls übertragen wird. Das Gefühl, dass Akkordeon zu umarmen, und dann klingt es und brummt an der Brust, dazu die Kommunikation mit anderen Musikern oder Zuhörern ist immer wieder wunderbar.

Wo geht die Reise hin? Wie klingt die Zukunftsmusik bei Euch?
Ulrike: Wir sind sehr kreativ, lieben es, verschiedene Stilrichtungen zu mischen, wollen uns nicht so festlegen lassen. Mehr und mehr schreiben wir auch eigene Titel. Im Dezember werden an zwei Tagen in Deutschland sehr viele Konzerte im Gedenken an “Beethoven“ stattfinden, der im nächsten Jahr seinen 250. Geburtstag feiert. An einem dieser Tage haben wir ein Konzert in der Festung Mark, da wird die Musik von Beethoven garantiert bei einigen Titeln von uns auch durchblitzen.

Carsten: Foyal ist ständig auf dem Weg. Wir arbeiten immer an neuem Repertoire. Die Musik aus „Anatevka“ ist sehr inspirierend und sicherlich werden wir einiges für Foyal daraus mitnehmen.

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