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Investoren scharren auf dem Schlachthofgelände mit den Hufen

Viele Jahre lang war es ruhig um das alte Schlachthofgelände an der Liebknechtstraße. Das wird sich bald ändern. Auf dem Areal wird ein völlig neues Stadtviertel mit zusätzlichen Wohnhäusern, Büros, Geschäften und Einrichtungen entstehen. „Mein Stadtfeld“ gibt einen Überblick, was hier alles geplant ist und wie die Pläne vor Ort ankommen.

Von Robert Richter

Das Gebiet zwischen „Kaufland“ und Hermann-Gieseler-Halle wird in einigen Jahren kaum wiederzuerkennen sein. Prägen derzeit noch leer stehende Hallen und Brachflächen das Bild auf dem Gelände, sollen nach den Plänen verschiedener Eigentümer und Investoren schon bald die historischen Objekte wiederbelebt werden und neue Gebäude wie Pilze aus dem Boden schießen.

Im Hintergrund laufen die Planungen für das Schlachthofareal der Zukunft. Die ersten Vorboten sind schon da: In Nachbarschaft des „Kaufland“-Ensembles entstehen im östlichen Bereich des Schlachthofareals mit dem Vorhaben „Loft Deluxe“ neue Wohnhäuser. Die ersten wurden unlängst fertiggestellt.

Als „Glücksfall und Herausforderung zugleich“ bezeichnet Falko Grube die geplante Entwicklung. Der SPD-Stadtrat und Vorsitzende im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Verkehr der Landeshauptstadt erklärt das so: „Es ist ein Glücksfall, weil hier ein hoch attraktives Stadtviertel entstehen wird, das kann für Stadtfeld nur gut sein. Zugleich ist es eine Herausforderung, weil die Flächen größtenteils seit der Wende brach lagen und die historische Bausubstanz unter Verfall gelitten hat.“

Außerdem sorgte die Ausweisung neuer Handelsflächen bereits für heftige Diskussionen und Streit mit Vertretern der Innenstadthändler.

Die schon vor Jahren präsentierten Pläne eines Investors für ein neues Fachmarktzentrum wurden deshalb mehrfach abgeändert. Dieser möchte in den leer stehenden historische Hallen des alten Schlachthofes im Umfeld von „Kaufland“ Textil-, Schuh- und weitere Fachgeschäfte ansiedeln. Dazu sollen auch Anbauten entstehen. Stadtfeld soll damit rund 4200 Quadratmeter neue Einzelhandelsfläche bekommen.

Zu dem umstrittenen Gesamtkonzept des Investors (Saller Group Weimar) gehört aber auch der Bau von Reihen- und Mehrfamlienhäusern auf den angrenzenden Freiflächen Richtung Liebknechtstraße. Der Stadtrat gab nach langem Hin und Her schließlich zum Gesamtpaket mehrheitlich seine Zustimmung. Der Verein „Bürger für Stadtfeld“ (BfS), anfänglich ebenfalls unter den Kritikern, steht den aktuellen Plänen nun gleichfalls positiv gegenüber. „Wir begrüßen, dass es endlich mit einer vernünftigen Perspektive vorangeht“, so Vereinsvorsitzender Thomas Opp.

Die kürzlich begonnene Sanierung der alten Viehbörse neben „Kaufland“ zeige jedoch auch, „dass die denkmalgeschützten Gebäude mittlerweile in einem Zustand sind, der keinen weiteren Aufschub duldet, wenn man noch etwas retten will“, ergänzt Opp. Die Viehbörse haben Magdeburger Privatinvestoren ins Visier genommen. Sie wollen im Baudenkmal Büros und Wohnungen ausbauen. Der große Saal im Gebäude soll künftig gastronomisch genutzt werden.

Ihr Einsatz kommt offenbar einer Rettung „in letzter Sekunde“ gleich. Denn Nässe und der „Zahn der Zeit“ haben dem Objekt bereits stark zugesetzt. Wie mittlerweile bekannt wurde, sind Teile des Bauwerks vom Schwamm befallen. So müssen nun zunächst betroffene Mauern und Balken komplett entfernt und gegen neue ausgetauscht werden.

Ein rasanter Wandel steht derweil rund um die Hermann-Gieseler-Halle und die Wilhelm-Kobelt-Straße bevor. So will die Stadt auf einer Brachfläche zwischen Kobeltstraße und Westring, die derzeit teilweise als Parkplatz genutzt wird, für die Grundschule „Am Westring“ ein neues Gebäude bauen. Die Einrichtung leidet am jetzigen Standort jenseits des Westrings aufgrund gestiegener Schülerzahlen unter akuter Platznot.

Ein künftiger Nachbar hat sich für die Schule ebenfalls schon angekündigt. Direkt neben der Gieselerhalle in Richtung Westring möchte sich das Möbel- und Einrichtungshaus „Poco“, derzeit in Neustadt ansässig, ansiedeln. Die ersten Pläne für den Möbelhausneubau stoßen beim Stadtfelder Bürgerverein auf Skepsis. Man sei „etwas unglücklich mit den Dimensionen des Möbelmarktes“, hieß es vom BfS. „Bei den weiteren Planungen wird es auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wohn-, Gewerbe- und Freizeitflächen ankommen“, ergänzt dessen Vorsitzender Thomas Opp.

Unterdessen soll auch die Pflegelandschaft in der Landeshauptstadt Zuwachs auf dem alten Schlachthofareal erhalten. Zwischen Liebknecht- und Kobeltstraße will ein Investor alte Gebäude und Hallen abbrechen und dort anschließend ein Pflegeheim sowie drei- bis fünfgeschossige Stadthäuser bauen. Dafür stellt die Stadt gegenwärtig einen Bebauungsplan auf. Vorgesehen ist dabei in Richtung Gieselerhalle auch ein öffentlicher Spielplatz. „Das ist positiv, denn Spielplätze fehlen in Stadtfeld noch ein paar“, so Stephan Bublitz, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Gemeinwesenarbeit (GWA) Stadtfeld-Ost. Das Bürgergremium will die weitere Entwicklung auf dem Schlachthofareal ebenfalls aufmerksam begleiten und mit den Investoren ins Gespräch kommen.

Und was wird aus der Hermann-Gieseler-Halle, in der einst die SCM-Handballer legendäre Spiele gewonnen haben und 1965 sogar Weltstar Louis Armstrong auftrat? Klar ist, dass die Stadt Magdeburg die Halle künftig nicht mehr für den Leistungs-, Schul- und Breitensport nutzen möchte. Stattdessen plant sie in einigen Jahren einen Neubau auf dem Gelände des Edithagymnasiums am Lorenzweg.

Für die Gieselerhalle gibt es jedoch ebenfalls schon Investoreninteresse. Hier sei eine Markthalle bzw. eine Art Basar mit einem größeren Ankermieter und zahlreichen kleineren Anbietern vorstellbar, hieß es vom zuständigen Projektentwickler Rolf Onnen bisher dazu. Die von den berühmten Magdeburger Architekten Bruno Taut und Johannes Göderitz im Jahre 1922 errichtete Halle würde damit gewissermaßen zu ihren Ursprüngen zurückkehren. Sie war eigentlich als Markthalle, genauer gesagt als Viehmarkt- und Ausstellungshalle, konzipiert worden.

Mehr Kiez-Neuigkeiten aus Magdeburg-Stadtfeld? Lesen Sie Ausgabe 2/2018 von „Mein Stadtfeld“.

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