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Stillberatung in Magdeburg-Stadtfeld

Auf den Instinkt hören

Stillberaterin Anke Herrmann

Berät Mütter rund ums Stillen: Anke Herrmann arbeitet in Magdeburg-Stadtfeld. Foto: Anke Herrmann

Obwohl wir Menschen zur Gattung der Säugetiere gehören, ist das Stillen als die natürlichste Form der Nahrungsgabe sehr zurückgegangen. Die Ursachen sind vielfältig. Bei persönlichen Problemen zu diesem Thema kann eine Stillberaterin wie Anke Herrmann helfen. Steffi Pretz traf die Stadtfelderin zum Interview.

Wie wird man eigentlich Stillberaterin und welche persönlichen Motive stehen dahinter?
Ich habe meine zwei Kinder gern und mit Überzeugung gestillt, ich bin begeistert vom Stillen. Beruflich habe ich auf der Mutter-Kind-Station in der Frauenklinik viel gesehen, was besser gemacht werden kann im Sinne einer harmonischen Stillbeziehung, und da entstand der Wunsch zur Stillberaterin.

Brust vs. Fläschchen – alle gängigen Flaschen-Nahrungshersteller versprechen eine optimale Nachahmung der Muttermilch. Stimmt das?
Eine künstlich hergestellte Flaschennahrung ist in der Kalorienzahl und dem Nährwert der Muttermilch angepasst. Aber der Ursprung ist Kuhmilch und stammt eben nicht von der Mutter des Babys. Ein Fläschchen kann nicht das Stillen ersetzen, bei dem das Baby alles bekommt: Nahrung, Wärme und Geborgenheit. Alles zusammen ist wichtig für das Bilden an Urvertrauen und Sicherheit eines kleinen Menschen.

Nicht jeder Start in das Stillen zwischen Mutter und Kind verläuft optimal. Welche Probleme können auftreten?
Da gibt es viele individuelle Aspekte, die das gewünschte Stillen behindern können, wie verkehrte Anlegetechniken, Milchstau, schmerzende Brustwarzen, Kommunikationsprobleme zwischen Mutter und Kind.

Gibt es überhaupt ein „richtiges“ Stillen, den optimalen Zeitabstand zwischen den Mahlzeiten?
Das Baby sagt, wo es lang geht. Jedes Kind hat einen eigenen Rhythmus, es gibt kein Schema. Ich ermutige die Mütter, auf ihren Instinkt zu hören, dann werden sie nichts verkehrt machen. Meist strömen zu viele und dann auch noch unterschiedliche Informationen auf die Mutter ein. Die Natur weiß, was sie tut und dieses Urwissen trägt jede Mutter in sich.

Wie ernährt sich die stillende Mutter am besten? Was soll sie vermeiden und was besonders viel essen?
Beim Thema Essen für die Muttis gibt es viele überholte Meinungen. Eine stillende Mutter kann in Maßen alles essen. Sie sollte sich gesund ernähren, also mit frischen Lebensmitteln und abwechslungsreich. Und natürlich keinen Alkohol trinken. Die weit verbreitete Meinung, dass blähende Speisen beim Baby Bauchschmerzen verursachen oder Säure in Lebensmittel einen wunden Po beim Baby macht, ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen.

Stimmt es, dass ganz bestimmte Stillpausen Bauchschmerzen beim Baby verhindern sollen?
Ein Baby soll gestillt werden, wenn es nach Nahrung und auch nach Nähe der Mutter verlangt. Es gibt jedoch individuelle Fälle, zum Beispiel bei Babys, die zu Koliken neigen. Durch das Saugen an der Brust, was eigentlich nur zur Beruhigung dienen soll, bekommt das Baby auch wieder Nahrung, die, ununterbrochen gegeben, Koliken fördern kann. Somit kann diese Frage nicht pauschal beantwortet werden.

Welche Faktoren begünstigen einen guten Start in eine harmonische Stillbeziehung?
Eine positive Einstellung zur natürlichen Ernährung ist der Grundstein für eine harmonische Stillbeziehung. Ich würde mir auch wünschen, dass in den Geburtsvorbereitungskursen mehr auf die Zeit mit dem Baby eingegangen wird. Auf Aspekte, die werdende Mütter unterschätzen: Hilfe annehmen, Oma- und Opatage einführen, Besuche planen und sich auch ruhig mal etwas mitbringen lassen.

Gibt es typische Anfängerfehler beim Stillen?
Die Ungeduld, dass es nicht gleich so klappt, wie es oft verklärt beschrieben wird,dass Stillen wie von allein geht. Auch die Angst, nicht genug Milch für das Kind zu haben, gehört zu den Sorgen, die Mütter haben. Problematisch wird es, wenn sich stillende Mütter unter Druck setzen, alles perfekt machen wollen: perfekter Haushalt, perfekter Körper nach der Schwangerschaft und perfektes Baby. Das sind Illusionen, keine Realität. Die Mutter hat einen 24-Stunden-Job, darf Hilfe annehmen, und sie muss und kann nicht perfekt sein.

Ammenmärchen rund um das Stillen gibt es viele – mit welchen würden Sie gern aufräumen?
Vor allem mit den geregelten Zeiten, zu denen ein Baby angelegt werden soll. Ein großes Thema ist auch, dass stillende Mütter abgekapselt zwischen Brust und Baby leben. Jede Mutter darf, ja soll sogar dafür sorgen, dass es ihr gut geht und sie Freude am Leben hat. Das dürfen auch gern Bereiche sein, die nur sie selbst betreffen. Sie kann selbst organisieren, dass das Baby für die nächsten drei Stunden versorgt ist und in dieser Zeit kann Mama etwas für sich tun, zum Sport gehen, zum Frisör oder einfach auch mal nichts tun.

Ein großes Thema ist immer wieder: zu wenig Milch. Kommt es tatsächlich vor, dass eine Frau für ihr Baby nicht genug Milch produzieren kann?
Ja, das kommt vor, drei bis fünf Prozent der Mütter können von Natur aus nicht stillen.

Gibt es etwas, das Sie Müttern, deren Stillbeziehung nicht ganz einfach verläuft, mitgeben möchten?
Geduld mit sich und ihrem Baby zu haben, ist wichtig. Innere Ruhe kultivieren, auch mal Nein sagen zu Besuchen und allem, was die Harmonie mit dem Baby stört, auf die inneren Bedürfnisse hören lernen. Ganz wichtig ist, dass Mütter lernen, Hilfe anzunehmen und nicht jede Stunde des Tages allein stemmen wollen.

Wann soll ich mich als Mutter bei Ihnen melden? Kann ich bereits in der Schwangerschaft eine Stillberatung in Anspruch nehmen?
Gern können sich werdende Mamas schon ein paar Wochen vor der Geburt bei mir melden, und ich kann bereits im Vorfeld nützliche Tipps zum Thema Stillen geben. Die meisten Beratungsgespräche finden jedoch statt, wenn das Baby da ist und mit ihm die unterschiedlichsten und individuellen Aspekte, wenn es mit dem Stillen nicht so klappt.

Wo findet die Beratung statt?
In meiner Praxis in der Stolzestraße 9 in Magdeburg. Einmal in der Woche biete ich auch einen Mutter-Kind-Treff in der Universitätsfrauenklinik an. Dort können sich die Mamas untereinander austauschen und genießen die Geselligkeit mit anderen Müttern und ihren Babys.

Wie verläuft so eine Beratungssitzung zum Thema Stillen?
In einem Gespräch wird zuerst das Problem analysiert, ich gucke mir auch an, wie die Mutter ihr Kind anlegt und stillt und kann daraus oft schon Schlüsse ziehen. In Zusammenarbeit mit der Mutter wird dann ein Plan aufgestellt. Meist reicht auch schon eine Beratungsstunde aus.

Welche Kosten entstehen, und werden diese von der Krankenkasse übernommen?
Die Kosten werden nicht von der Krankenkasse übernommen. Es wäre wünschenswert, wenn das Stillen als Gesundheitsprophylaxe anerkannt und eine Beratung zumindest bezuschusst wird.

Weitere Informationen: www.anke-herrmann.info

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